Erst nahmen sie sich die Raucher vor ...

Erst nahmen sie sich die Raucher vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Trinker vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Dicken vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich mich vor. (Frei nach Martin Niemöller)

Sonntag, 28. Oktober 2012

Spekulationen über John Dalli

Der EU Gesundheitskommissar John Dalli musste wegen Korruptionsvorwürfen seinen Hut nehmen. Alle Welt rätselt was hier wirklich passiert sein könnte. Hier ist meine Theorie dazu.

Was ist passiert?

Silvio Zammit, ein maltesischer Geschäftsmann ist an den Snus-Hersteller Swedisch Match herangetreten und hat angeboten für einen 2stelligen Millionenbetrag John Dalli dazu zu bringen den Verkauf von Snus in der EU zu erlauben. Derzeit verbietet die EU Tabakrichtlinie den Verkauf von Snus in der EU (ausgenommen Schweden). Die Tabakrichtline wird gerade überabeitet.

Swedish Match schaltete darauf die Anti-Korruptionsbehöre "Olaf" ein, die zu dem Schluss kam, dass Dalli von diesen Vorgängen gewusst hatte, aber nichts dagegen unternommen hatte. Geld sei keines geflossen. Barroso drängte daraufhin Dalli seinen Stuhl zu räumen.

Zwei Tage später wurde in die Brüsseler Büros von drei anti-Tabak-Organisationen eingebrochen.

Ernstgemeinte Bestechung

Es spricht einiges dagegen, dass sich Dalli tatsächlich bestechen lassen wollte. Die überarbeitete Tabakrichtlinie ist praktisch fertig und ihr Inhalt ist längst durchgesickert. Wenn sich Dalli bestechen lassen wollte, hätte er das viel früher einfädeln müssen.

Wollte Swedish Match Dalli bestechen? Das ist ebenfalls nicht sehr plausiblel, denn hier gelten die gleichen Einwände wie oben: für einen ernst gemeinten Bestechungsversuch war es einfach zu spät.

Vorgetäuschte Bestechung

Wenn es sich nicht um tatsächliche Bestechung drehen kann, dann muss das Ganze eine Show gewesen sein. Entweder hat Swedish Match Dalli hereingelegt oder Dalli wollte Swedish Match reinlegen, und der Schuss ging nach hinten los. Es spricht einiges dafür, dass Letzteres der Fall ist.

Hätte Swedish Match Dalli hereinlegen wollen, indem sie mit Zammit über Bestechungsgelder verhandelt, um diesen Vorgang später öffentlich zu machen, dann hätte Dalli der Veröffentlichung nur zuvorkommen müssen. Das hat er aber nicht getan. Das legt nahe, dass was auch immer hier lief den Segen von Dalli hatte.

Wäre es aber umgekeht gewesen, und Dalli wollte Swedish Match zu einem Bestechungsversuch verführen, dann ist es nicht verwunderlich, dass er nicht an die Öffentlichkeit gegangen ist, solange er nicht genügend Beweise beisammen hatte. Andererseit bestand dann die Gefahr, dass Swedish Match der Veröffentlichung zuvorkommt.

Diese Gefahr könnte Dalli unterschätzt haben. Das Mantra, dass der Tabakindustrie nicht zu trauen ist, dass sie für Geld alles tut und vor Korruption nicht zurückschreckt, wird von der Tabakkontrolle so inbrünstig rezitiert, dass es einige ihrer Akteure möglicherweise inzwischen selbst glauben.

Bitte nicht sachlich werden

Hätte der Coup geklappt, dann wäre die überarbeitete Tabakrichtlinie gegen Kritik ziemlich unempfindlich geworden. Einer sachlichen Diskussion würde die Tabakrichtlinie nämlich nicht stand halten. Die Tabakkontrolleure müssen daher darauf hinwirken, sachliche Diskussionen unter allen Umständen zu vermeiden. Da würde es gut passen, wenn man Swedish Match als eine Firma hinstellen kann, die auch vor Bestechung nicht zurückschreckt. Bei diesem Szenario scheint der Zeitpunkt - kurz von der Veröffentlichung der Tabakrichlinie - gut gewählt.

Nun ging dieser Schuss bekanntlich nach hinten los, Swedish Match petzte und Dalli musste gehen. Wenn auch viele Medien, wie die TAZ und die Süddeutsche ihre Feindbilder von vor 20 Jahren noch nicht aktualisiert haben und reflexartig auf die Tabaklobby schimpfen, war die Opferrolle der Tabakkontrolleure nun doch etwas angekratzt.

Jetzt bricht jemand in die Büros von drei anti-Tabak-Organisationen ein. Sollte da die Tabakindustrie dahinterstecken? Sollte sie nicht Besseres zu tun haben, als der Weltöffentlichkeit zu sagen: "nicht Dalli, sondern wir sind die Bösen"? Es bestand ja nicht der Hauch einer Chance, dass die Einbrüche unentdeckt bleiben. Man hat eher den Eindruck, dass sie entdeckt werden sollten. So oder so, der Ruf der Tabakkontrolle wurde durch diese Einbrüche wieder etwas verbessert.










4 Kommentare:

  1. Fakt ist: Die EU ist gegen den Tabak! Die EU tut alles um den Tabakkonsum einzudämmen!
    Was sich die Allgemeinheit und vor allem die Tabakkontrolle und die sogenannten "Antis" und Verschwörungstheoretiker fragen sollten ist: Warum wurde Dalli von seinem Chef "gegangen"? Warum sollte dieser einen Mitarbeiter entlassen, der gegen den Tabak arbeitete? Wenn das ganze Wirklich ohne Grundlage ist, dann wäre das ein Disaster für die neue Tabakrichtlinie. Also: Warum wurde Dalli von der EU-Kommission aus der EU-Kommission entfernt?
    Es wird Zeit, dass die Öffentlichkeit informiert wird!

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  2. Ich glaube nicht dass die EU "gegen Tabak" ist. Einige Maßnahmen der Tabakrichtlinie, wie das Verbot von e-Zigaretten sind ja sogar eindeutig "pro Tabak" und das Verbot von Snus ist zumindest "pro Rauchen".

    Darüber, warum Barroso Dalli gefeuert hat, kann ich nur spekulieren. Es wird wohl etwas damit zu tun haben, dass er befürchtete irgend ein Schwindel könnte auffliegen. Welcher Schwindel das was weiß ich nicht, aber die ganze Tabakrichtlinie ist ja ein Schwindel.

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    1. OK... evtl. sollte ich schreiben "Die EU ist Pro-Tabakkontrolle" :D

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  3. Ja, das ist eine wirklich treffende Formulierung.

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