Erst nahmen sie sich die Raucher vor ...

Erst nahmen sie sich die Raucher vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Trinker vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Dicken vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich mich vor. (Frei nach Martin Niemöller)

Sonntag, 26. Mai 2013

Die Seidenstraße

Die anstehenede EU-Tabakrichtline ist dazu angelegt den Konsum von Tabakzigaretten zu fördern. Während dies der erwünschte Effekt sein dürfte, gibt es einen unerwünschten Nebeneffekt: der Schwarzmarkt wird gefördert. Ich kannte den Schwarzmarkt bisher nicht, habe mich aber einmal umgesehen, denn wer in Zukunft Snus oder e-liquids kaufen möchte, wird sich dort bedienen müssen.

Förderung des Tabakkonsums

Die Tabakkonzerne haben ein Interesse daran, Zigratetten möglichst teuer zu verkaufen. Der Umsatz interessiert sie weit weniger als der Gewinn. Werden Zigaretten unattraktiver, kann man die Raucher nicht mehr dazu bewegen teure Marken zu kaufen, sie werden verstärkt auf Billigmarken zurückgreifen.

Dadurch sinkt der mittlere Preis von Zigaretten und damit der Gewinn der Tabakkonzerne. Der Konsum von Zigaretten muss dadurch aber noch lange nicht sinken. Im Gegenteil - im Schnitt werden Zigaretten ja billiger.

Das ist der Grund warum Tabakkonzerne nicht erfreut sind über die neue Tabakrichtline. Aber sie bekommen auch etwas zurück: die Tabakrichtlinie erschwert den Zugang zu Snus und e-Zigaretten. Dadurch werden ehemalige Raucher, die auf eines dieser Produkte umgestiegen sind wieder der Zigarettenindustrie in die Arme getrieben. Und was noch wichtiger ist: weitere Umsteiger wird es nicht geben. Der Trend weg von der Tabakzigarette hin zu den weniger schädlichen Alternativen wird gestoppt.

Der Schwarzmarkt schafft Konkurenz

Die Tabaksteuer wird i.d.R. so kalibriert, dass die so hoch wie möglich ist und dass eine weitere Erhöhung zu geringeren Steuereinnahmen führen würde. Nun ist die Raucherquote in der EU in den letzten Jahren annähernd konstant geblieben. Geht man davon aus, dass Raucher Süchtige sind, die jeden Preis bezahlen, um an ihre Droge zu kommen, dann müsste man die Steuern eigentlich beliebig erhöhen können.

Dass das nicht der Fall ist, liegt daran, dass sich Raucher zunehmend Zigaretten aus anderen Quellen beschaffen. Sie kaufen sich Zigaretten im Ausland oder eben auf dem Schwarzmarkt.

Als 2010 in New York State die Stuern auf Zigaretten erhöht wurden, begann der Schwarzmarkt zu boomen. Für fast die Hälfte aller Zigaretten wurden keine Steuern mehr gezahlt.

Schwarzmarkt für e-Liquids

Ein Schwarzmarkt für e-Liquids dürfte sehr schwer zu kontrollieren sein. Den Verkauf von Lebensmittelaromen, Propylenglykol und Glycerin wird man kaum unterbinden können. Davon redet derzeit auch derzeit niemand. Es geht ums Nikotin.

Aber drei 100ml Fläschchen 38er Basis reichen einem Dampfer bereits ein ganzes Jahr. Diese drei Flaschen passen locker in jede Damenhandtasche. Ein Raucher benötigt in der gleichen Zeit rund 36 Stangen Zigaretten. Das ist schon ein ganzer Koffer voll.

Dabei ist 38er Basis noch relativ stark verdünnt. Der Nikotingehalt beträgt gerade mal 3,8%. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft verstärkt hoch konzentriertes Nikotin auf dem Schwarzmarkt erscheinen wird, da es viel leichter zu schmuggeln ist.

Wäre das Nikotin 10mal so konzentriert, würden die 300ml bereits 10 Jahre reichen. Geht man mit der Konzentration noch höher, braucht man weniger als einen Liter für einen lebenslangen Vorrat.

Den gleichen Effekt konnte man auch während der Prohibition in den USA beobachten. Hochprozentiges wurde vermehrt konsumiert. Nach dem Ende der Prohibition wurde wieder verstärkt auf Bier und Wein zurückgegriffen.

Schwarz gebrannter Schnaps ("moonshine") führte damals häufig zu Vergiftungen. Mit hoch konzentriertem Nikotin ist Ähnliches zu erwarten. Nikotin wird gut durch die Haut aufgenommen. Kleckert man sich versehentlich 38er Basis über die Finger, kann man gelassen zum Wasserhahn gehen und sich die Hände waschen. Bei 100%igem Nikotin ist es fraglich, ob man den Wasserhahn noch rechtzeitig erreicht.

Schwarzmarkt für Snus

Snus hat es deutlich schwerer auf dem Schwarzmarkt Fuß zu fassen. Nikotin ist als solches nicht mit bloßem Auge zu erkennen, es ist einfach eine farblose oder leicht bräunliche Flüssigkeit. Snus dagegen erkennt man sofort.

Auch die Volumenverhältnisse sind weniger günstig. Eine Dose Snus ist etwa so groß wie eine Schachtel Zigaretten und reicht für drei Tage. Er ist damit zwar immer noch leichter zu schmuggeln als Tabakzigaretten, aber da der Markt auch deutlich kleiner ist, dürfte das Verhältnis von Risiko und Gewinn doch eher ungünstig ausfallen.

Viel wahrscheinlicher ist es, dass Snus Konsumenten damit anfangen Snus selbst herzustellen. Tabak wird es ja weiterhin geben, wenn auch keinen der solch niedrige TSNA Werte aufweist wie schwedischer Snus. Denkbar ist auch, dass selbstgemachter Snus überhaupt keinen Tabak enthält, sondern mit Hilfe von Nikotinlösung hergestellt oder zumindest aufgepeppt wird.

Lediglich in Finnland soll es derzeit einen Schwarzmarkt für Snus geben.

Wo ist der Schwarzmarkt?

Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, wo ich geschmuggelte Zigaretten kaufen sollte. Und wenn ich in google eine site finden würde, sie solche anbietet - ich würde es nicht glauben. Ist das Gerede um den Schwarzmarkt bloß ein Mythos, oder zumindest nichts für mich?

Fest steht allerdings, dass der Schwarzmarkt im Internet sein muss. Bei so vielen Dingen, die heute verboten sind, kann ein einziger Dealer unmöglich alles abdecken. Und ich möchte mich auch nicht in dunklen Gassen verabreden, bloß um eine Dose Snus zu kaufen. Ein Schwarzmarkt im Internet muss mit ausgefuchsten Anonymisierungs-Methoden arbeiten. Ist das technisch machbar?

Nachdem mir die EU in Aussicht gestellt hatte, demnächst wieder Zigaretten rauchen zu müssen, habe ich mich vorsorglich auf die Suche begeben. Noch gibt es ja e-Zigaretten (Snus gibt es schon nicht mehr), aber wenn es soweit ist, möchte ich vorbereitet sein.

Anonymisierung

Und siehe da: es gibt einen Schwarzmarkt auf dem Internet. An vorderster Front ist da Silk Road zu nennen. Es ist nicht ganz einfach sich dort zu registrieren. Wer glaubt es würde ausreichen in einem Browser einen URL einzutippen, liegt falsch.

Der Zugang zu Silk Road erfolgt grundsätzlich über das Tor ("The Onion Router") Netzwerk. Dieses Netzwerk macht es den Strafverfolgern sehr schwer die Identität eines Benutzers festzustellen. Das Netzwerk ist sehr langsam.Zum Runterladen von illegaler Musik oder gar Filmen ist Tor wenig geeignet.

Zusätzlich brauch man noch einen Proxy (privoxy), damit verhindert wird, dass die DNS-Anfragen nachverfolgt werden können. Bis man einen Zuganz zu Silk Road eingerichtet hat, kann man schon mal eine Stunde am fummeln sein. Es gibt auf der TOR website aber auch ein all-in-one Lösung, womit es etwas schneller geht.

Bezahlt wird mit Bitcoins. Das ist eine "verschlüsselte Währung". Ein Bitcoin ist derzeit etwa 100 EUR Wert. Zahnungen mit Bitcoins lassen sich nicht zurückverfolgen - es ist Geld, wie es früher einmal war. Interessanterweise haben Bitcoins einen schwankenden Wechselkurs zum Euro und anderen Währungen. Wer vor einem Jahr in Bitcoins investiert hatte, konnte einen satten Gewinn einstreichen.


Für Tor, privoxy und Bitcoins gibt es einschlägige Anleitungen auf dem Netz, die ich hier nicht wiederholen werde.

Silk Road

Silk Road sieht aus und fühlt sich an, wie eine hundsgewöhnliche online-Plattform, wie Amazon, oder eBay. Sogar ein Bewertungssystem gibt es.

Das Angebot bei Silk Road ist noch nicht auf uns ex-Raucher zugeschnitten. E-Liquids gibt es dort natürlich nicht, denn dieses sind ja noch legal. Snus wird dort noch nicht angeboten. Es gibt aber ein Forum, in dem "Produktanfragen" gestellt werden können. Dort findet man bereits einige Anfragen.



Zigaretten gibt es dagegen in rauen Mengen. Ein Stange kostet etwa 0.2B also rund 20 EUR.


Aber es gibt nicht nur Zigaretten bei Silk Road, sondern noch jede Menge andere Drogen. Es überkommt einen ein merkwürdiges Gefühl, wenn man Nikotinprodukte gleich neben Kokain und Heroin angeboten sieht.








Atlantis

Silk Road hat inzwischen Konkurrenz von einer Seite namens Atlantis bekommen. Skeptiker argwöhnen, dass es sich dabei um einen honeypot handeln könnte, mit dem Anbieter und Konsumenten angelockt werden sollen. Die Anonymisierung gilt jedenfalls bei Atlantis als weniger konsequent umgesetzt.

Grundsätzlich ist es jedoch erfreulich, wenn es auch auf dem Schwarzmarkt Konkurrenz gibt, denn sonst könnte man kaum von einem Markt sprechen.

The Deep Net

Unter der Oberfläche des Internets schlummert ein weiteres Netz, das nicht in Google auffindbar ist, und das nicht über normale URLs zu erreichen ist. Dieses Netz wird auch als the deep net oder the dark net bezeichnet. Dort gibt es nicht nur Nikotin, sondern auch Kinderpornographie und Auftragsmorde.

Die zugrundeliegende TOR-Technologie wurde ursprünglich entwickelt um bösen Regierungen die Möglichkeit zu nehmen ihre Bürger von Informationen abzuschotten. Dank der Prohibitionisten wird das deep net nun auch in demokratischen Ländern gebraucht.

Moral

Durch die fortschreitende Prohibition können sich Drogendealer mehr und mehr als die "Guten" präsentieren. Die Betreiber von Silk Road und Atlantis verstehen sich als Freiheitskämpfer bzw. Libertarians. Vor 30 Jahren hätte sich wohl kaum ein Heroin-Dealer so bezeichnet. Inzwischen klebt an den Händen der Prohibitionisten aber so viel Blut, dass Drogendealer dem Einen oder Anderen als das geringere Übel erscheinen mögen.

Der Markt ist stark am wachsen und die Prohibitionisten sorgen ständig für neue Kunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Entwicklung noch zu stoppen ist, zumindest nicht mit Methoden der Strafverfolgung.

Man sollte sich übrigerns wirklich gut mit Anonymisierungs-Techniken auskennen, bevor man sich mit dem Internet-Schwarzmarkt einlässt.







Donnerstag, 23. Mai 2013

Zitat des Tages

Die Verbotsindustrie gebraucht die Wissenschaft auf die gleiche Art und Weise wie ein Betrunkener einen Laternenpfahl benutzt. Er sucht die Unterstützung, nicht das Licht.

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Montag, 20. Mai 2013

Es wird nicht schlimmer

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass der Konsum von Alkohol und anderen Drogen unter Jugendlichen ein immer größeres Problem wird. Diese Wahrnehmung ist aber das Ergebnis von Desinformations-Kampagnen. In Wirklichkeit werden die Jugendlichen immer braver.

Hier das Ergebnis einer Studie der University of Michigan


Zugegeben, der Marihuana-Konsum steigt, aber das wirft eine andere Frage auf: wenn, wie häufig behauptet wird, mächtige Industrien die Jugendlichen zum Alkohol und Tabakkonsum verführen, welche Industrie ist dann für den Anstieg des Marihuana-Konsums verantvortlich?

Und wenn wir schon bei Statistiken sind, hier ist der absolute Albtraum der Tabakkontrolle: die e-Zigarette wird den Abwärtstrend der Tabakzigratte noch beschleuningen.


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Der Sicherheitsgurt

Die Tabakkontrolle wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass Snus und e-Zigaretten nicht 100%ig sicher sind. Aber was ist schon 100%ig sicher? Versucht man eine solche Argumentation auf andere Produkte anzuwenden, kommt fast immer Absurdes dabei heraus. 

Wie steht es beispielsweise mit zuckerfreien Getränken? Ist Cola-light 100%ig sicher? Und schlimmer noch: aus einiger Entfernung kann man nicht mehr erkennen, ob jemand gezuckerte Cola oder Cola-light trinkt. Wird dadurch nicht das Konsumieren von zuckerhaltigen Getränken sozial akzeptabel, wo es doch eigentlich geächtet gehört? Sollte man Cola-light nicht besser verbieten, regulieren oder wenigstens hoch besteuern?

Noch hübscher wird die Sache, wenn man sich die Geschichte des Sicherheitsgurts anschaut. Auch ein Sicherheitsgurt ist "keine sichere Alternative zum Fahren ohne Gurt". Interessant ist, dass der Sicherheitsgurt, wie auch Snus, aus Schweden stammt.

In Wikipedia kann man dazu lesen:

Für den heimischen Markt rüsteten die beiden schwedischen Hersteller Saab und Volvo ihre Fahrzeuge ab 1959 serienmäßig mit Dreipunktgurten aus (in anderen Ländern kosteten die Gurte Aufpreis). Deshalb hatten 1961 bereits 77 % der neu zugelassenen Autos in Schweden Sicherheitsgurte.

In Deutschland wurd der Gurt 1976 zur Pflicht. Verboten war er niemals.

Bei Snus sind wir in einer ähnlichen Situation. Wieder macht uns Schweden vor, wie man Schaden reduzieren kann. Allderings ist diesmal von einer Gurtpflicht keine Rede. Stattdessen beharrt die EU  auf einem Snus-Verbot.

Brad Rodu spekuliert auf seinem Blog wie sich die EU zum Sicherheitsgurt äußern würde, wenn sie genau so argumentieren würde wie derzeit über Snus:

Während Schweden den 53sten Jahrestag der Einführung von Sicherheitsgurten in der Grundausstattung von Volvos feiert, bestätigte die EU das Verbot von Sicherheitsgurten in allen anderen Ländern der EU. "Alle Fahrzeuge sind gefährlich; es gibt keine Beweise, dass Sicherheitsgurte Fahrzeuge sicherer machen und sie können sogar zu einer riskanteren Fahrweise führen."



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Samstag, 4. Mai 2013

Das Triumvirat

Der Nikotinkrieg wird zwischen drei Interessensgruppen ausgetragen: der Tabakkontrolle, den Finanzministern und der Tabakindustrie. Mit harten Bandagen wird hier jedoch nicht gekämpft. Die drei haben sich längst geeiningt under jeder weiß, welche Rolle er zu spielen hat.

Die Finanzminiser

Die Finanzminister haben am meisten zu gewinnen oder zu verlieren. Sie machen 3mal so viel Umsatz und verdienen etwa 10mal so viel an den Verkauften Zigaretten wie die Tabakindustrie. Ihnen geht es darum, diese Einnahmen weiterhin sprudeln zu lassen.

Geht die Raucherquote schneller zurück als erwartet, so führt das zu klammen Staatskassen, bis hin zu Verwerfungen am Finanzmarkt. Mit Steuererhöhungen alleine kann man dieses Problem nicht lösen, denn vielerorts sind die Preise bereits so hoch, dass weitere Steuererhöhungen den Rückgang der Raucherquote noch weiter beschleunigen würden.

Dennoch mischen sich die Finanzminister nicht öffentlich in die Tabakregulierung ein. Die Tabaksteuer gilt offiziell als Lenkungssteuer, die den Konsum reduzieren soll. Immerhin ist es gelungen die Steuereinnahmen auch in Zeiten rückläufiger Raucherzahlen annähernd konstant zu halten und die Raucherquote insgesamt zu stabilisieren.
Die Tabakkontrolle

Die Tabakkontrolle hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer multinationalen Industrie entwickelt. Sie ist, wie die beiden anderen player, auf Raucher angewiesen, denn ohne Raucher verlöre sie ihre Existenzberechtigung - und ihre Einnahmen, die goßenteils aus Steuergeldern bestehen.

Die Tabakkontrolle muss darauf achten, dass man sie als vertauenswürdig und kompetent wahrnimmt. Ihre Organsiationen schmücken sich daher gerne mit Namen, die Worte wie "Forschung", "Bewertung", "Zentrum",  "Zentrale", "Institut" oder "Aufklärung" etnhalten.

Ihr wichtigstes Kapatial ist, dass sie als moralisch überlegen wahrgenommen werden. Dazu braucht es einen bösen Gegespieler. Die Tabakindustrie übernimmt dazu die Rolle des "bösen Bullen".

Auch die Tatsache, dass einige dieser Organisationen staatliche oder halbstaatliche Stellen sind, schafft Vertauen. Zwar trauen die meisten Menschen dem Staat nicht besonders, aber eine staatliche Organisation, die vorgibt die Industrie zu kontrollieren, genießt dennoch Sympahthien, denn der Industrie traut man noch wengier als dem Staat.

In diesem Sinne argumentieren auch die Medien. Sie übernehmen die Aussagen der Tabakkontrolle i.d.R. ohne Fragen zu stellen. Sie scheinen zu hoffen, dass dadurch auch sie einen Teil der moralischen Überlegenheit abbekommen.

Die Tabakindustrie

Die Tabakindustrie befindet sich in einer Position, in der alles was sie tut oder sagt reflexartig als verwerflich wahrgenommen wird. Dadurch ergeben sich weitgehende Einflussmöglichkeiten.

Die Tabakindustrie ist nicht auf die Tabakkontrolle angewiesen (umgekehrt gilt das schon). Für die Industrie ist die Tabakkontrolle ein Konkurrent, der ein Stück vom gleichen Kuchen abhaben will. Solange der Kuchen groß genug ist, können beide gut leben.

Die Aufgabe der Tabakindustrie besteht darin, harmlose Maßnahmen zu kritisieren, wodurch diese Maßnahmen mehr Gewicht bekommen. Und natürlich Tabakwaren herzustellen, zu bewerben, zu verkaufen und die Einnahmen mit den beiden anderen zu teilen.

Die Pharma-Industrie

Zwar ist die Pharma-Industrie auch ein wichtiger Teilnehmen am Nikotinkrieg, wenn nicht sogar der wichtigste, aber sie hat im Gegensatz zu den drei anderen kein Interesse daran, dass weiterhin viel geraucht wird. Da sie selbst Nikotin herstellt und verkauft, wirkt sie darauf hin, dass nur das Pharma-Nikotin als gutes Nikotin durchgeht.

Dabei profitiert sie - wie die staatlichen Organisationen - vom schlechten Image der Tabakindustrie. Auch wenn man der Pharma-Industrie  grundsätzlich misstraut, der Tabakindustrie traut man noch weniger und sieht den Nikotinmarkt bei der Pharma-Industrie in den besseren Händen.

Der Deal

Alle drei player haben ein gemeinsames Interesse. Der Kuchen darf nicht kleiner werden. Weniger Einigkeit herrscht bei der Frage, wer welchen Anteil davon abbekommt. So drehen sich denn auch alle Debatten um die Verteilung von Geld, Macht und Einfluss. Das ist wenig populär. In der Öffentlichkeit wird so getan als ginge es darum, den Konsum von Zigaretten zu reduzieren.

Selbst die Tabakindustrie äußert sich gelegentlich in dieser Richtung, was ihr freilich niemand abnimmt. Der Tabakkontrolle glaubt man aber bereitwillig, dass es ihr um die Gesundheit der Bevölkerung geht.

Die Tabakkontrolle ist in der misslichen Lage, dass sie ständig neue Maßnahmen vorschlagen muss, dabei aber darauf achten muss, dass diese Maßnahmen nicht wirklich die Raucherquote reduzieren. Das ist um so schwieriger, als wir nun schon mehrere Jahrzehnte an Maßnahmen hinter uns haben und es immer schwieriger wird sich neue, spektakuläre aber nutzlose Maßnahmen auszudenken.

Die derzeit in der EU diskutierten Maßnahmen, wie Schockbilder, einheitliche Verpackungsformen, Verbot von Methol- und Slim-Zigaretten schlagen alle in diese Kerbe. Viele zweifeln daran, dass diese Maßnahmen irgend einen Effekt haben.

Aber nun kommt der böse Bulle ins Spiel: die Tabakindustrie lehnt diese Maßnahmen ab. Wenn diese Maßnahmen wirkungslos sind, warum ist dann die Tabakindustrie dagegen? Ich habe dieses Argument schon zigmal aus den Mündern der Tabakkontrolleuere gehört.

Die Debatte um wirkungslose Maßnahmen hat vor allem einen Effekt: sie lenkt die Aufmerksamkeit weg von potentiell wirkungsvollen Maßnahmen. Schweden hat die niedrigste Raucherquote in der EU. Wenn das bisher hier geschriebene korrekt ist, dann müsste das Triumvirat alles daran setzen, schwedische Verhhältnisse im Rest der EU zu verhindern.

Die Schweden haben sich massenhaft von der Tabakzigarette abgewandt und sich einem rauchlosen Tabakprodukt namens Snus zugewandt. Jetzt erfreuen sie sich der niedrigsten Lungenkrebsrate in der EU. Snus darf aber im Rest der EU nicht verkauft werden. Nur Schweden hat eine Sondergenehmigung. Dieses Verbot wird auch in der novellierten Tabakrichtlinie (TPD)  der EU erhalten bleiben. Für das Triumvirat ist das gut, für die Bürger der EU ist das schlecht.

Auch die e-Zigarette hat das Zeug die Rauchequote zu reduzieren und die Volksgesundheit zu fördern. Für ein Verbot ist es hier zu spät, denn es gibt bereits zu viele Dampfer in der EU. Stattdessen wird händeringend nach einer Salamischeibe gesucht, die man gerade noch abschneiden kann, ohne allzugroße Proteste zu provozieren. Momentan wird vorgeschlagen, den Nikotingehalt bei e-Zigaretten auf absurd niedrige Werte zu beschränken. Aber hierzu waren die Proteste schon nicht mehr zu überhören, und es könnte gut sein, dass die Scheibe etwas kleiner ausfallen wird.

Das EU Parlament

Ich habe mir zwei EU Anhörungen zur Tabakrichtlinie angehört und muss feststllen, dass unsere EU-Abgeordneten großenteils nicht Teil dieses Spiels sind. Ihnen scheint wirklich die Volksgesundheit am Herzen zu liegen. Aber sie scheinen dieses Spiel in keinster Weise zu durchschauen. Schon fast flehend fragen sie die Vertreter der Tabakkontrolle (praktisch alle geladenen "Experten" sind Teil der Tabakkontrolle), ob man die vorgeschlagenen scharfen Regulierungen der e-Zigarette nicht etwas lockern könnte - als ob nicht das Parlament, sondern die Tabakkontrolle die EU-Gesetze machen würde.

Das Master Settlement Agreement

Was derzeit in der EU passiert ist nicht ohne Vorbild. 1998 wurde in den USA zwischen den großen Tabakkonzernen und 46 Staaten ein Deal geschlossen, der die Tabakindustrie vor privaten Klagen schützte und ihnen Konkurrenten von Hals hielt. Dafür mussten sie einen Teil des Kuchens abgeben. Ferner wurden ein paar nutzlose Maßnahmen beschlossen, die in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken sollten, dass es um den Schutz der Volksgesundheit ginge.

Der Gegenspieler

Wenn sich das Triumvirat einig ist, die Presse mitspielt und das EU-Parlament eingeschüchtert ist, dann stellt sich die Frage, wer dann noch die Interessen der Bevölkerung wahrnimmt.

Hilfe kommt von unerwarter Seite. Unsere Werte, Grundrechte und letztlich auch unsere Gesundheit werden von den Gerichten verteidigt. So mussten einige Politiker, die für die Tabakkontrolle arbeiten, allen voran NRWs Gesundheitsministerin Barbara Steffens, bereits Niederlagen vor Gericht einstecken.

Auch die EU Tabakrichtlinie wurde jetzt vom Commitee on Legal Affairs in einem Papier scharf kritisiert. Bereits zuvor war ein Rechtsgutachten von Prof. Holger Schwerner zu ähnlichen Ergebnissen gekommen: die Tabakrichtline ist nicht nur unsinnig und menschenverachtend, sonder auch illegal. Ein rechtskräftiges Urteil ist das jedoch nicht, sondern lediglich ein Gutachten.

Dennoch ist es erfreulich zu sehen, dass unsere Rechtswesen sich tatsächlich mit den Rechten der Bürger befasst. Wer schon immer das Gefühl hatte, dass es bei der Tabakrichtline nicht mit rechten Dingen zugeht, hat nun eine Bestätigung.

Update 02.07.2013

Meine Vermutung, dass die Tabakindustrie, wissend um ihren schlechten Ruf, alles kritistiert was ihnen willkommen ist, ist offenbar nicht richtig. Den Vorschlag der EU-Kommission, e-Zigaretten als Medikament zu regulieren hat sie nämlich öffentlich begrüßt. Wo bleiben nur die Tabakkontrolleuere, die sagen "wenn's der Tabakindustrie gefällt, muss es schlecht sein"?

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