Erst nahmen sie sich die Raucher vor ...

Erst nahmen sie sich die Raucher vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Trinker vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Dicken vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich mich vor. (Frei nach Martin Niemöller)

Samstag, 4. Mai 2013

Das Triumvirat

Der Nikotinkrieg wird zwischen drei Interessensgruppen ausgetragen: der Tabakkontrolle, den Finanzministern und der Tabakindustrie. Mit harten Bandagen wird hier jedoch nicht gekämpft. Die drei haben sich längst geeiningt under jeder weiß, welche Rolle er zu spielen hat.

Die Finanzminiser

Die Finanzminister haben am meisten zu gewinnen oder zu verlieren. Sie machen 3mal so viel Umsatz und verdienen etwa 10mal so viel an den Verkauften Zigaretten wie die Tabakindustrie. Ihnen geht es darum, diese Einnahmen weiterhin sprudeln zu lassen.

Geht die Raucherquote schneller zurück als erwartet, so führt das zu klammen Staatskassen, bis hin zu Verwerfungen am Finanzmarkt. Mit Steuererhöhungen alleine kann man dieses Problem nicht lösen, denn vielerorts sind die Preise bereits so hoch, dass weitere Steuererhöhungen den Rückgang der Raucherquote noch weiter beschleunigen würden.

Dennoch mischen sich die Finanzminister nicht öffentlich in die Tabakregulierung ein. Die Tabaksteuer gilt offiziell als Lenkungssteuer, die den Konsum reduzieren soll. Immerhin ist es gelungen die Steuereinnahmen auch in Zeiten rückläufiger Raucherzahlen annähernd konstant zu halten und die Raucherquote insgesamt zu stabilisieren.
Die Tabakkontrolle

Die Tabakkontrolle hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer multinationalen Industrie entwickelt. Sie ist, wie die beiden anderen player, auf Raucher angewiesen, denn ohne Raucher verlöre sie ihre Existenzberechtigung - und ihre Einnahmen, die goßenteils aus Steuergeldern bestehen.

Die Tabakkontrolle muss darauf achten, dass man sie als vertauenswürdig und kompetent wahrnimmt. Ihre Organsiationen schmücken sich daher gerne mit Namen, die Worte wie "Forschung", "Bewertung", "Zentrum",  "Zentrale", "Institut" oder "Aufklärung" etnhalten.

Ihr wichtigstes Kapatial ist, dass sie als moralisch überlegen wahrgenommen werden. Dazu braucht es einen bösen Gegespieler. Die Tabakindustrie übernimmt dazu die Rolle des "bösen Bullen".

Auch die Tatsache, dass einige dieser Organisationen staatliche oder halbstaatliche Stellen sind, schafft Vertauen. Zwar trauen die meisten Menschen dem Staat nicht besonders, aber eine staatliche Organisation, die vorgibt die Industrie zu kontrollieren, genießt dennoch Sympahthien, denn der Industrie traut man noch wengier als dem Staat.

In diesem Sinne argumentieren auch die Medien. Sie übernehmen die Aussagen der Tabakkontrolle i.d.R. ohne Fragen zu stellen. Sie scheinen zu hoffen, dass dadurch auch sie einen Teil der moralischen Überlegenheit abbekommen.

Die Tabakindustrie

Die Tabakindustrie befindet sich in einer Position, in der alles was sie tut oder sagt reflexartig als verwerflich wahrgenommen wird. Dadurch ergeben sich weitgehende Einflussmöglichkeiten.

Die Tabakindustrie ist nicht auf die Tabakkontrolle angewiesen (umgekehrt gilt das schon). Für die Industrie ist die Tabakkontrolle ein Konkurrent, der ein Stück vom gleichen Kuchen abhaben will. Solange der Kuchen groß genug ist, können beide gut leben.

Die Aufgabe der Tabakindustrie besteht darin, harmlose Maßnahmen zu kritisieren, wodurch diese Maßnahmen mehr Gewicht bekommen. Und natürlich Tabakwaren herzustellen, zu bewerben, zu verkaufen und die Einnahmen mit den beiden anderen zu teilen.

Die Pharma-Industrie

Zwar ist die Pharma-Industrie auch ein wichtiger Teilnehmen am Nikotinkrieg, wenn nicht sogar der wichtigste, aber sie hat im Gegensatz zu den drei anderen kein Interesse daran, dass weiterhin viel geraucht wird. Da sie selbst Nikotin herstellt und verkauft, wirkt sie darauf hin, dass nur das Pharma-Nikotin als gutes Nikotin durchgeht.

Dabei profitiert sie - wie die staatlichen Organisationen - vom schlechten Image der Tabakindustrie. Auch wenn man der Pharma-Industrie  grundsätzlich misstraut, der Tabakindustrie traut man noch weniger und sieht den Nikotinmarkt bei der Pharma-Industrie in den besseren Händen.

Der Deal

Alle drei player haben ein gemeinsames Interesse. Der Kuchen darf nicht kleiner werden. Weniger Einigkeit herrscht bei der Frage, wer welchen Anteil davon abbekommt. So drehen sich denn auch alle Debatten um die Verteilung von Geld, Macht und Einfluss. Das ist wenig populär. In der Öffentlichkeit wird so getan als ginge es darum, den Konsum von Zigaretten zu reduzieren.

Selbst die Tabakindustrie äußert sich gelegentlich in dieser Richtung, was ihr freilich niemand abnimmt. Der Tabakkontrolle glaubt man aber bereitwillig, dass es ihr um die Gesundheit der Bevölkerung geht.

Die Tabakkontrolle ist in der misslichen Lage, dass sie ständig neue Maßnahmen vorschlagen muss, dabei aber darauf achten muss, dass diese Maßnahmen nicht wirklich die Raucherquote reduzieren. Das ist um so schwieriger, als wir nun schon mehrere Jahrzehnte an Maßnahmen hinter uns haben und es immer schwieriger wird sich neue, spektakuläre aber nutzlose Maßnahmen auszudenken.

Die derzeit in der EU diskutierten Maßnahmen, wie Schockbilder, einheitliche Verpackungsformen, Verbot von Methol- und Slim-Zigaretten schlagen alle in diese Kerbe. Viele zweifeln daran, dass diese Maßnahmen irgend einen Effekt haben.

Aber nun kommt der böse Bulle ins Spiel: die Tabakindustrie lehnt diese Maßnahmen ab. Wenn diese Maßnahmen wirkungslos sind, warum ist dann die Tabakindustrie dagegen? Ich habe dieses Argument schon zigmal aus den Mündern der Tabakkontrolleuere gehört.

Die Debatte um wirkungslose Maßnahmen hat vor allem einen Effekt: sie lenkt die Aufmerksamkeit weg von potentiell wirkungsvollen Maßnahmen. Schweden hat die niedrigste Raucherquote in der EU. Wenn das bisher hier geschriebene korrekt ist, dann müsste das Triumvirat alles daran setzen, schwedische Verhhältnisse im Rest der EU zu verhindern.

Die Schweden haben sich massenhaft von der Tabakzigarette abgewandt und sich einem rauchlosen Tabakprodukt namens Snus zugewandt. Jetzt erfreuen sie sich der niedrigsten Lungenkrebsrate in der EU. Snus darf aber im Rest der EU nicht verkauft werden. Nur Schweden hat eine Sondergenehmigung. Dieses Verbot wird auch in der novellierten Tabakrichtlinie (TPD)  der EU erhalten bleiben. Für das Triumvirat ist das gut, für die Bürger der EU ist das schlecht.

Auch die e-Zigarette hat das Zeug die Rauchequote zu reduzieren und die Volksgesundheit zu fördern. Für ein Verbot ist es hier zu spät, denn es gibt bereits zu viele Dampfer in der EU. Stattdessen wird händeringend nach einer Salamischeibe gesucht, die man gerade noch abschneiden kann, ohne allzugroße Proteste zu provozieren. Momentan wird vorgeschlagen, den Nikotingehalt bei e-Zigaretten auf absurd niedrige Werte zu beschränken. Aber hierzu waren die Proteste schon nicht mehr zu überhören, und es könnte gut sein, dass die Scheibe etwas kleiner ausfallen wird.

Das EU Parlament

Ich habe mir zwei EU Anhörungen zur Tabakrichtlinie angehört und muss feststllen, dass unsere EU-Abgeordneten großenteils nicht Teil dieses Spiels sind. Ihnen scheint wirklich die Volksgesundheit am Herzen zu liegen. Aber sie scheinen dieses Spiel in keinster Weise zu durchschauen. Schon fast flehend fragen sie die Vertreter der Tabakkontrolle (praktisch alle geladenen "Experten" sind Teil der Tabakkontrolle), ob man die vorgeschlagenen scharfen Regulierungen der e-Zigarette nicht etwas lockern könnte - als ob nicht das Parlament, sondern die Tabakkontrolle die EU-Gesetze machen würde.

Das Master Settlement Agreement

Was derzeit in der EU passiert ist nicht ohne Vorbild. 1998 wurde in den USA zwischen den großen Tabakkonzernen und 46 Staaten ein Deal geschlossen, der die Tabakindustrie vor privaten Klagen schützte und ihnen Konkurrenten von Hals hielt. Dafür mussten sie einen Teil des Kuchens abgeben. Ferner wurden ein paar nutzlose Maßnahmen beschlossen, die in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken sollten, dass es um den Schutz der Volksgesundheit ginge.

Der Gegenspieler

Wenn sich das Triumvirat einig ist, die Presse mitspielt und das EU-Parlament eingeschüchtert ist, dann stellt sich die Frage, wer dann noch die Interessen der Bevölkerung wahrnimmt.

Hilfe kommt von unerwarter Seite. Unsere Werte, Grundrechte und letztlich auch unsere Gesundheit werden von den Gerichten verteidigt. So mussten einige Politiker, die für die Tabakkontrolle arbeiten, allen voran NRWs Gesundheitsministerin Barbara Steffens, bereits Niederlagen vor Gericht einstecken.

Auch die EU Tabakrichtlinie wurde jetzt vom Commitee on Legal Affairs in einem Papier scharf kritisiert. Bereits zuvor war ein Rechtsgutachten von Prof. Holger Schwerner zu ähnlichen Ergebnissen gekommen: die Tabakrichtline ist nicht nur unsinnig und menschenverachtend, sonder auch illegal. Ein rechtskräftiges Urteil ist das jedoch nicht, sondern lediglich ein Gutachten.

Dennoch ist es erfreulich zu sehen, dass unsere Rechtswesen sich tatsächlich mit den Rechten der Bürger befasst. Wer schon immer das Gefühl hatte, dass es bei der Tabakrichtline nicht mit rechten Dingen zugeht, hat nun eine Bestätigung.

Update 02.07.2013

Meine Vermutung, dass die Tabakindustrie, wissend um ihren schlechten Ruf, alles kritistiert was ihnen willkommen ist, ist offenbar nicht richtig. Den Vorschlag der EU-Kommission, e-Zigaretten als Medikament zu regulieren hat sie nämlich öffentlich begrüßt. Wo bleiben nur die Tabakkontrolleuere, die sagen "wenn's der Tabakindustrie gefällt, muss es schlecht sein"?

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