Eines der wenigen einleuchtenden Argumente für plain packaging lautet: "da die Tabakindustrie dagegen ist, muss es gut für die Gesundheit sein". Könnte an diesem Argument etwas dran sein?
Die Marke ist das Produkt
Dieses Argument macht dann Sinn, wenn man davon ausgeht, dass das Produkt, das die Tabakindustrie verkauft, aus den Zigaretten in der Schachtel besteht. Ist das wirklich so?
Denken wir mal an Parfüms. Woraus besteht hier das Produkt? Ist es die Flüssigkeit in den Flacons? Nein, es ist eher der Flacon selbst, es ist der ganze Mythos, das Gefühl, die Erwartungen, die in Werbekampangnen, durch product-placment und durch bezahlte Werbe-Ikonen über die Jahre aufgebaut wurde. Das Parfüm selbt, die Flüssigkeit ist vergleichsweise wertlos.
Wie steht es beispielsweise mit Produkten wie Red Bull. Ich habe mich oft gewundert, wie viel Wirbel diese Firma um ihr Wässerchen macht. Sie haben einen eigenen Formel1 Rennstall, veranstalten Red Bull Days am Wannsee und allerhand anderes Spektakel. Schließlich wurde mir klar, dass nicht das Wässerchen, sondern dieser Wirbel das Produkt ist.
Ähnliches gilt für Zahnpasta, Rasierwasser und Kosmetika, ja eigentlich für fast alles, wofür im Fernsehn Reklame gemacht wird. Der eigentliche Gegenstand ist in vielen Fällen praktisch wertlos. Erst durch die "Marke" wird daraus ein Produkt.
Produktverbot ist nicht gleich Verkehrsverbot
Harte Drogen sind in Deutschland nicht "verkehrsfähig". Sie dürfen nicht frei verkauft werden. Daher gibt es auch keine Produkte, die im Kern aus harten Drogen bestehen.
Wird ein Produkt verboten, so kann der Kern der Sache aber durchaus verkehrsfähig bleiben. Sie dürfen in Deutschland beispielsweise nicht ohne weiteres Koffeintabletten auf den Markt bringen, obwohl Koffein in Form von Kaffee und sogar als reines Koffein frei erhältlich ist. So auch beim "plain packaging": Tabak und sogar Zigaretten dürfen nach wie vor verkauft werden.
Die immer weiter verschärften Werbeeinschränkungen für Tabakwaren bis hin zur neuen EU Tabakrichtlinie sind unterm Strich schleichendee Produktverbote. Hätten wir plain packaging, dann wäre das Prouktverbot perfekt.
Die Hersteller dieser Produkte sind darüber nicht erfreut, denn das was sie eigentlich tun wird verboten. Es dürfte sie weniger hart treffen, wenn sie etwas anderes in ihre Schachteln stecken dürften, idealerweise etwas, wofür sich ihre anngestammten Kunden interessieren, wie beispielsweise e-Zigaretten oder Snus, sie dafür aber ihre Marken beibehalten und dafür werben könnten.
Die Tabakkontrolle und die Finanzminister werden von einem Produktverbot aber kaum betroffen, denn sie verdienen an den Zigaretten an sich, nicht an den Marken.
Damit spielt man nicht
Ich muss sagen, dass mich plain packaging und einige Teile der EU Tabakrichtlinie vergleichsweise kalt lassen, weil ich weder Zigaretten rauche, noch in der Tabakindustrie arbeite. Produktverbote halte ich jedoch ähnlich wie Parteiverbote oder Zeitungsverbote für eine extrem gefährliche Sache. Damit spielt man nicht.
Es ist nicht zu erwarten, dass durch die schleichenden Produktverbote der Umsatz an Zigaretten einbrechen wird. Aber ich verstehe, wieso die Tabakindustrie dennoch dagegen sein könnte. Red Bull wäre auch nicht erfreut, wenn man ihnen den Formel1 Rennstall verbieten würde.
Wer wirklich etwas dafür tun will, dass weniger Zigaretten geraucht werden, sollte das Snus Verbot bekämpfen und e-Zigaretten fördern. Wer nichts dergleichen tut und nur mit Produktverboten herumspielt, sollte von den Schaltstellen der Macht ferngehalten werden.
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