Erst nahmen sie sich die Raucher vor ...

Erst nahmen sie sich die Raucher vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Trinker vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Dicken vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich mich vor. (Frei nach Martin Niemöller)

Samstag, 28. Januar 2012

Cannabis Diskussion im Bundestag

Ende Januar werden im Deutschen Bundestag einige Sachverständige zum Thema Cannabis-Verbot angehört. Die Linken und die Piraten fordern eine Lockerung des Verbots.  Welche Argumente werden vorgbracht?

Die eingereichten Gutachten kann man auf der Webseite des Deutschen Bundestags einsehen. Wirklich neue Argumente wurden nicht vorgebracht. Stattdessen findet man allerlei Altbekanntes, sowohl bei den Befürwortern einer Liberalisierung als auch bei deren Gegnern.

Die Argumente

Cannabis ist (wenig) schädlich

Die Gegner einer Liberalisierung führen ins Feld, dass Cannabis gesundheitsschädlich sein kann. Vor allem Jugendliche sollen per Gesetz davor bewahrt werden sich selbst zu schädigen.

Die Befürworter einer Liberalisierung werfen ein, dass Cannabis nur für bestimmte Personengruppen schädlich (was aber auch auf Nüsse zutrifft). Im Namen der Volksgesundheit dürfe man Cannabis nicht verbieten.

Georg Wurth vom deutschen Hanfverband arumentiert im Stil von David Nutt: Wer keine Verfolgung von Alkoholkonsumenten fordert, dies aber bei Cannabis wegen der „Gefährlichkeit“ aufrecht erhalten will, macht sich unglaubwürdig.

Eine riskante Argumentation, denn man könnte dieses Dilemma ja auch lösen, indem man Alkohl ebenfalls verbietet. Der Liberalisierungsgegner Rolf Hüllingshorst schreibt auch prompt: "Es wäre interessant zu erfahren, welche (auch legalen) Suchtmittel nach einem Zulassungsprozess, wie er bei neuen Medikamenten zu durchlaufen ist, in unserer Gesellschaft noch frei verfügbar wären."

Unsereiner glaubt ohnehin nicht daran, dass es hier um den Schutz der Volksgesundheit geht.

Verbote senken den Konsum (nicht)

Die Gegner einer Liberalisierung behaupten, dass Verbote zu einem geringeren Konsum führen, was von den Befürwortern bestritten wird, schließlich würde in Holland weniger gekifft als im europäischen Durchschnitt. Außerdem führe die Kriminalisierung zu eigenen Problemen.

Je nachdem welche Statistik man anschaut kann man sowohl die eine als auch die andere These beweisen.

Verbote führen (nicht) zu organisierter Kriminalität

Hier behaupten die Liberalisierungsgegner sinngemäß, dass die Erfahrungen der Alkohol-Prohibition in den USA, die zu einem Aufblühen des organisierten Verbrechens geführt haben, nicht auf Cannabis übertragbar sind. Bei Cannabis soll es gerade umgekehrt sein: hier soll ein Verbot das organsierte Verbrechen schwächen.

Die Liberalisierungs-Befürworter behaupten das Gegenteil. Beide Parteien belegen ihre Thesen nur schlecht.

Cannabis ist (k)eine Einstiegsdroge

Diese These wird selbst von den Gegnern einer Liberalisierung nur noch am Rande erwähnt. Der Liberalisierungsgegner Dr. Thomasius schreibt "Die Gateway-Hypothese ist bisher nicht wissenschaftlich nachgewiesen worden, allerdings ist sie auch nicht widerlegt worden."

Der Stoff ist heute (nicht) stärker als früher

Über diese These lassen sich die Befürworter einer Liberalisierung naturgemäß nicht aus. Wozu auch? Schwach wirksames Cannabis enthält mehr "Heu" als stark wirksames. Wozu soll es gut sein, mehr Heu zu rauchen?

Der Liberalisierungsgegner Jört Patzak verfällt dabei in den Jargon der anti-Raucher Lobby und untermauert diese These mit einer Statistik, die u.a. einen "Anstieg"des THC-Gehalts von 3,5% auf 3,4% in Marihuana und einen "Anstieg" von 12,0% auf 11,0% in Blüten ausweist.

Diese These ist übrigens sehr beliebt bei Eltern, die früher selbst gekifft haben und nun ihren Kindern das Kiffen verbieten wollen.

Verbote steigern die Therapiebereitschaft

Jörg Patzak, Liberalisierungsgegner und juristischer Berater des Drogenspräventionsprojekts FreD bemerkt, dass unter dem Druck des Ermittlungsverfahrens  Jugendliche eher bereit sind, sich Drogenpäventionsprojekten wie FreD anzuschließen.

Dagegen ist wenig einzuwenden. Das Cannabisverbot schafft einen Markt für Therapie-und Präventions-Einrichtungen. Keine Frage.

Das Verbot wird von internationem Recht (nicht) eingefordert

Einige der Liberalisierungsgegner argumentieren sinngemäß, dass man hier ohnehin nichts machen kann, weil uns durch internationae Verträge die Hände gebunden sind. Die Juristin Br. Nicole Krumdiek behauptet, dass das so nicht stimmt.

Fazit

Es ist interessant welche Argument nicht vorgebracht wurden. So findet man nichts über persönliche Freiheiten, Bürgerrechte, Selbstbestimmung und andere liberale Werte. Dass der Staat das Recht hat, den Rausch seiner Bürger zu kontrollieren, wird nicht bestritten. Hannelore Binjak, Oberstaatsanwältin, bringt es auf den Punkt: "Ein Recht auf Rausch gibt es nicht."

Man erfährt auch wenig über die Interessenlage. Wer profitiert von einem Verbot? Welchen Einfluss hat das Cannabis-Verbot auf die Geschäfte der beiden großen Drogenlieferanten dieses Landes, sprich der Pharma- und Alkoholindustrie?

Um das Cannabisverbot herum ist eine kleine Industrie entstanden, die Richter, Staatsanwälte, Polizisten, Therapeuten und Drogenberater ernährt. Alle haben sich eigentlich recht gemütlich eingerichtet. Warum sollte man daran etwas ändern?


1 Kommentar:

  1. Da kommen mal wieder die Sprachregelungen der Prohibition und des Suchtrates zum vorschein: Alkoholindustrie als Drogenlieferant! Alkohol ist, wie uns allen bekannt ist, in Maßen genossen keine Droge. Erst bei willkürlichem Missbrauch wird Alkohol zum Problem und kann zu Suchtverhalten führen.
    Die Aussage der Oberstaatsanwältin "Ein Recht auf Rausch gibt es nicht." führt deshalb auch nicht weiter. Gibt es etwa ein Recht auf fette Ernährung, Zucker oder Salz?
    Ein anderes Zitat von Andrea Nahles finde ich da viel aussagekräftiger: "Ich habe ein Recht auf ungesundes Leben"
    http://www.welt.de/politik/deutschland/article5479738/Ich-habe-ein-Recht-auf-ungesundes-Leben.html
    Vielleicht führt uns das weiter in der ständigen Diskussion um Verbote.

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