Erst nahmen sie sich die Raucher vor ...

Erst nahmen sie sich die Raucher vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Trinker vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Dicken vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich mich vor. (Frei nach Martin Niemöller)

Mittwoch, 9. Dezember 2015

Raucht weiter, liebe Kinder

Die Bundesregierung will den Verkauf von e-Zigaretten an Jugendliche verbieten. Was erschüttertist, ist der Stil der Diskussion.

Eigentlich harmlos

Kindern etwas zu verbieten ist eigentlich eine ziemlich sichere Sache. Kinder dürfen ja nicht wählen. Und die Erwachsenen freuen sich, dass das Verbot sie selbst nicht betrifft. Kinder spielen in diesem Zusammenhang die Rolle der "anderen", denen man ungestraft Wasser predigen darf. Wenn man den Erwachsenen etwas verbieten will, fängt man am besten mit den Kindern an und weitet später das Verbot als "logischen Schritt" auf die Erwachsenen aus.

Auch das Verkaufsverbot von e-Zigaretten an sich wird keinen großen Schaden anrichten. Die Gesundheit der Kinder wird dadurch nicht nennenswert geschädigt, denn Kinder interessieren sich ohnehin kaum für e-Zigaretten, zumindest taten sie es nicht, als sie ihnen noch nicht per Gesetz vorenthalten wurden.

Der eine oder andere jugendliche Raucher wird wohl davon abgehalten werden das Rauchen zu Gunsten der e-Zigarette aufzugeben, aber das sind nicht viele. Eine Studie in den USA fand heraus, dass ein Verkaufsverbot von e-Ziagerren die Raucherquote bei Jugenlichen um gerade mal 0,9 Prozentpunkte steigen lässt.

So gesehen ändert das Verkaufsverbot an Kinder erst einmal gar nichts. Es ist aber ein willkommener Anlass die Nachricht "raucht um Gottes Willen weiter" unters Volk zu bringen.

Profülen-Glükol

Die vielen 'Ü's verwirren
Einige Politiker machen sich zum Narren, wenn sie einen Redebeitrag zur e-Zigratte ablieferen. Das wird schon mal Form-Aldehyd zu Formal-Dehüd (Schwesig), Propylen-Glykol zu Profülen-Glükol (Launert) und Nitrosamine werden zu Nitro-Saminen (auch Launert). Das passiert leicht, wenn man einen diktierten Text einfach abliest.

Diktiert wurden die Texte vom Deutschen Krebsforschunginstitut (DKFZ) und vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die beiden werden offen zitiert, als wären sie etwas Gutes. Ersteres vertritt die Pharma-Indusrie und Letzteres die Regierung. Keine dieser Organisationen hat die Befugnis in Deutschland Gesetze zu machen, so wenig wie jede andere Lobby-Organisation.

Das ist es, was viele Dampfer auf die Palme bringt: eine Handvoll Politiker tragen praktisch alle den gleichen Text vor.

Hinzu kommt, dass die gesamte Presse ebenfalls aus den immergleichen DKFZ und BfR Pressemitteilungen zitiert. Die tatsächliche Faktenlage, wie sie beispielsweise auf Wikipedia dargelegt wird, bleibt völlig unerwähnt.

Leere Sitze bei der ersten Lesung
Die Kritik der Dampfer richtet sich nicht gegen das Verkaufsverbot an sich, sondern gegen den Stil der Diskussion. Kritisiert wird, dass die Stimmen von Verbrauchen und Wissenschaftlern nicht gehört werden.

Bei der ersten Lesung war kaum jemand im Plenarsaal anwesend. Und hier geht es immerhin um zigtausend Menschenleben. Wenn zwei dubiose Organisationen über deren Schicksal entscheiden dürfen, was kommt dann als Nächstes?


Einstiegsdroge

Es gibt tatsächlich Jugendliche, die zuerst e-Zigaretten probiert haben und dann auf Tabakzigaretten umgestiegen sind. Es sind nicht viele, aber es gibt welche. Damit ist klar, dass der Konsum von e-Zigaretten keinen 100%igen Schutz vor einer Karriere als Raucher bietet.

Das ist nicht wirklich erstaunlich, denn es gibt nichts, das zuverlässig davor schützt, einmal Raucher zu werden. Milch tut das nicht (viele Raucher haben zuerst Milch getrunken), die Tabakrichtlinie leistet das nicht und Nichtrauchen schon gar nicht: ausnahmslos alle Raucher waren vorher Nichtraucher.

Rauchen für den Fiskus

In Deutschland gibt es rund 18 Millionen Raucher und 3 Millionen Dampfer, die praktisch alle ehemalige Raucher sind.

Die e-Zigaretten-Industrie macht jährlich einen Umsatz (nicht Gewinn!) von 200 Millionen Euro mit stark steigender Tendenz. Dennoch ist das eine winzige Industrie im Vergleich zur Tabakindustrie. Die Tabaksteuer spielt jährlich rund 14 Milliarden Euro ein und auch die Tabakindustrie kann noch ganz gut leben, wenn auch der Fiskus mit Abstand am meisten von den Rauchern profitiert.


Durch jeden Dampfer verliert der Staat gut 750 Euro im Jahr, bei 3 Millionen Dampfern sind das schon 2,3 Milliarden. Das ist nocht nicht richtig viel, aber immerhin ein Viertel des Etats des Familienministeriums (Manuela Schwesig) und ein Fünftel des Etats des Gesundheitsminiteriums (Hermann Gröhe).

Die Pharma-Industrie, die ebenfalls Nikotinprodukte vertreibt und die Tabakkontrolle finanziell unterstützt,  macht in Deutschland einen jährlichen Umsatz von 42 Milliarden Euro.

Das Gerücht, dass es eine mächtige e-Zigaretten Lobby gibt fällt in Deutschland mit seiner weit verbreiteten Industriefeindlichkeit zwar auf fruchtbaren Boden, entspricht aber nicht den wahren Machtverhältnissen.

Raucher werden beruhigt

Als die e-Zigarette aufkam wurde sie von der Tabakkontrolle noch mit verhaltem Lob begrüßt. Damals glaubte man noch, die e-Zigarette würde eine Randerscheinung bleiben. Man konnte sie daher Rauchern gefahrlos empfehlen, denn die Chance, dass jemand damit tatsächlich das Rauchen aufgibt erschien eher gering.

Raucher  werden ständig mit "tut dies", "lasst jenes" Befehlen bombardiert, so dass "steigt auf die e-Zigarette um" lediglich als eine weitere Gängelung verstanden wurde.

Die Kampagnen gegen die e-Zigarette wird die Dampfer nicht vom Dampfen abhalten können. Bestenfalls entsteht ein blühender Schwarzmarkt. Aber den Rauchern wird eine Ausrede fürs Weiterrauchen in die Hand gegeben. Wenn jetzt die Ehefrau daherkommt und sagt "Eugen, kauf dir doch eine e-Zigarette", dann sagt Eugen "nee, die sollen ja noch gefährlicher sein als Rauchen".

Das ist Sinn und Zweck der ganzen Aktion. Die Sache mit den Kindern ist der erste Schritt, um aus einer Kampagne Gesetze zu machen. Mehr Gesetze werden kommen und der alarmierende Rückgang der Raucherquote wird gestoppt.

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4 Kommentare:

  1. Also e-Zigaretten verbieten weil sonst die Einnahmen durch den Zigaretten Verkauf sinken? Mich wundert das Thema etwas, denn das heißt ja, dass bisher Jugendliche e-Zigaretten kaufen durften, und ab welchem Alter??? Habe mich bisher wenig damit beschäftigt, aber das finde ich auf jeden Fall fragwürdig...

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    1. Ja Jugendliche konnten e-Zigaretten legal kaufen. Die o.a. Studie legt aber nahe, dass die bisherige liberale Regelung mehr nützte als schadete.

      Ich glaube nicht, dass man den Jugendliche bewusst den Zugang zur e-Zigarette verwehren will, damit sie mehr Tabakzigaretten rauchen. Das ist eher ein angenehmer Nebeneffekt.

      Letztlich geht es darum die e-Zigarette per Regulierung so unattraktiv zu machen, dass keine weiteren Raucher mehr umsteigen. Und mit der Regulierung fängt man halt bei den Kindern an, weil da wenig Gegenwehr zu erwarten ist.

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    2. Okay... Wahnsinn eigentlich, auf der einen Seite wird so getan, als ob man um das gesundheitliche Wohl der Bevölkerung besorgt ist, aber in Wahrheit geht es nur ums Geld...

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    3. Man muss ein Bisschen vorsichtig sein mit "es geht nur ums Geld". Das ist schnell dahingesagt. Ich weiß nicht wirklich worum es hier geht. Sicher ist Macht und Einfluss ein weiterer Motivator, vor allem beim DKFZ & Co. Und manche Leute wollen einfach nur ihren Job behalten.

      Nur eines ist wirklich sicher: es geht nicht um die Gesundheit.

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