Erst nahmen sie sich die Raucher vor ...

Erst nahmen sie sich die Raucher vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Trinker vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich die Dicken vor und ich habe den Mund gehalten. Dann nahmen sie sich mich vor. (Frei nach Martin Niemöller)

Samstag, 30. April 2011

Die Tükei verbietet die Zahl 31

Wenn Moralschützer und das Internet zusammentreffen passieren lustige Dinge. Das klassische Scunthorpe Problem hat inzwischen auch die Türkei erreicht.

Insgesamt 138 Wörter dürfen in Türkischen Domain-Namen nicht mehr verwendet werden. Zehntausende von Seiten müssen jetzt geschlossen werden. Darunter befinden sich Seiten wie donanimalemi.com, weil dort das Wort "animal" vorkommt.  Die Zahl 31 darf nicht mehr verwendet werden, weil das ein slang-Ausdruck für Masturbation ist.

Dieses Phänomen ist bekannt unter dem Namen Scunthorpe Problem. 1996 konnte die Gemeinde Scunthorpe North Lincolnshire, England keine AOL accounts eröffnen, weil ihr Name das Wort "cunt" (Englisch für "Möse") enthält. Ähnliche Probleme hatten auch Penistone, South Yorkshire und Clitheroe (Lancashire, England).

Da gibt es noch viel zu tun. Siemens könnte ein unschuldiges Kind leicht mit semen ("Samen") verwechseln. Und Daimler klingt doch auch irgendwie unanständig, wenn ich auch noch nicht genau weiß wieso.

Samstag, 16. April 2011

Der Nikotinkrieg - Teil 1: Statistiken

In kaum einer Diskussion wird so viel mit Statistiken argumentiert wie bei der Diskussion über die Tabakkontrolle. Diese Statistiken ebnen den Weg für neue Gesetze, die vorgeben sich auf gesicherte Fakten zu stützen. Aber die Faktenlage ist verworrener als einem lieb sein kann. Manch einfache Frage ist überraschend schwer zu beantworten.


Wieviele rauchen eigentlich?
Versucht man einmal herauszubekommen, wie erfolgreich die verschiedenen Länder der EU das Tabakrauchen bekämpft haben, stößt man auf widersprüchliche Informationen.

Laut Wikipedia rauchen in Deutschland 26% der Erwachsenen, in Schweden sind es 29% und der EU Durchschnitt liegt bei 32%. In der  Diskussion zur Wikipedia Seite wird denn auch beklagt: Die Statistiken zur Verbreitung des Tabakkonsums in Deutschland sind teilweise sehr veraltet.

Laut einer Eurostat Statistik (veröffentlicht 2011) rauchen in Deutschland ebenfalls 26% der Deutschen, aber in Schweden rauchen nur 15,5% der Erwachsenen. Aber auch hier steht im Kleingedruckten:  Die HIS-Daten wurden je nach Land in verschiedenen Jahren erhoben, im Zeitraum von 1996 bis 2003. Laut einer Statistik von EurActiv rauchten 2005 25% der Deutschen und 18% der Schweden.

Und so geht es weiter. Auf einer website der "medical health" Organisation WrongDiagnosos steht immerhin deutlich sichtbar ACHTUNG EXTRAPOLIERTE STATISTIK. Sie basiert nicht auf Datenquellen aus einzelnen Ländern. Die Zahlen sind obendrein nicht in Prozent angegeben und lassen sich nicht ohne weiteres mit den anderen Zahlen vergleichen.

Ein irisches raucherfreundliches Blog stellt verwundert fest: Die verlässlichsten Statistiken über das Rauchen stammen von der Tabakindustrie. Die Verbreitung des Rauchens lässt sich anhand der Verkaufzahlen abschätzen. Keine Statistik berücksichtigt Importe von anderen Ländern.

Macht man also Zigaretten in einem Land teurer, werden sich die Raucher vermehrt Zigaretten aus dem Ausland besorgen. Dadurch sinken die Verkaufszahlen im Inland was leicht als ein Rückgang der Raucherquote interpretiert werden kann.

Es ist schwer in irgendeine Richtung zu argumentieren. wenn man nichtmal mehr weiß wieviele Menschen eigentlich rauchen. Der Artikel könnte hier eigentlich aufhören. Keine Zahlen, keine Argumentation.

Gehen wir aber mal davon aus, dass die Zahlen die wir finden können immer noch besser sind als gar keine Zahlen. Dann kristallisiert sich heraus, dass man in Skandinavischen Ländern weniger raucht als im Rest der EU. Schweden wird häufig als Spitzenreiter unter den Nichtraucherländern genannt (wenn auch nicht in Wikipedia). In Deutschland raucht man weniger als im EU Durchschnitt.


Und wieviele sterben daran?
Will man abschätzen, wieviele Menschen an den Folgen der Rauchens sterben, kann man nicht einfach die Totenscheine zählen auf denen als Todesursache "Rauchen" steht. Solche Totenscheine gibt es nämlich nicht. Stattdessen versucht man durch Studien das relative Risiko des Rauchens abzuschätzen und multipliziert dieses dann mit der Gesamtzahl der Raucher.

Da die Gesamtzahl der Raucher aber nur grob bekannt ist, kann man sich dabei in die eine oder die andere Richtung ordentlich verschätzen. Möglicherweise sterben sehr viel mehr an den Folgen des Rauchens als bisher angenommen, möglicherweise aber auch viel weniger.

Was man alles mit Statistiken anstellen kann zeigt folgendes Beispiel. In einer Story aus dem Philadelphia Inquirer liest man erstaunt, dass 60% der Lungenkrebsfälle auf ehemalige Raucher entfielen und nur 21% auf Leute, die niemals geraucht haben. Dann verbleiben 19% der Fälle für aktive Raucher und sie wären unter den drei Gruppen, diejenige, die am besten vor Lungenkrebs geschützt wäre.

Eine Vielzahl von Statistiken findet man auf NationalMaster.comHier rauchen 24,3% der Deutschen und 17,5% der Schweden, was sie erneut zu den am wenigsten rauchenden EU Bürgern macht. Am meisten wird in Österreich geraucht (36,3%). Diese Website listet auch Statistiken über die Lebenswerwartung. Sie beträgt in Deutschland 79,1 Jahre, in Schweden 80,74 Jahre und in Österreich 79,36 Jahre. Man erkennt eine gewisse Korrelation: In Österreich raucht ein mehr als doppelt so großer  Anteil der Bevölkerung als in Schweden, dafür leben die Schweden gut ein Jahr länger.

In Japan lebt man aber noch länger, nämlich 82,07 Jahre und dort rauchen 30,3% der Bevölkerung. Obwohl dort mehr geraucht wird als in Schweden oder Deutschland lebt man dort länger.

NationalMaster erlaubt es auch Korrelationen zwischen dem Prozentsatz der "täglichen Raucher" und anderen Statistiken zu erstellen. Je mehr Leute rauchen, desto geringer ist der Pro-Kopf Energieverbrauch und desto geringer ist die Bereitschaft bei einem Boykott mitzumachen. Was sagt uns das alles? Eigentlich gar nichts.


Wie hoch ist das Risiko?
Was bedeutet es eigentlich, wenn man sagt "das Risiko erhöht sich um 50%"? Wenn, sagen wir von 1000 Leuten normalerweise zwei an etwas erkranken und in Anwesenheit eines zusätzlichen Risikofaktors sind es drei, dann hat sich das Risiko um 50% erhöht.

Ist 50% nun viel oder wenig? Nun - das hängt davon ab, wieviele andere Risiken es gibt. Wenn von 1000 Leuten 80 aus anderen Gründen an irgendetwas anderem erkranken, dann kann mir der eine zusätzliche Kranke ziemlich egal sein. Aber  eine Erhöhung von 200 auf 400 Kranke in 1000 Leuten wäre auch eine 50%ige Erhöhung des Risikos. Das kommt uns viel vor, und warum ist das so? Weil wir instinktiv und zu Recht annehmen, dass 200 zusätzliche Kranke wahrscheinlich jedes andere Risiko verblassen lassen.

Die relative Risikoerhöhung sagt uns also nicht allzuviel. Es macht nunmal einen Unterschied, ob sich das Risiko von 0.1% auf 0,15% erhöht, oder von 10% auf 15%. Diese simple Wahrheit wird leicht vergessen und das führt dazu, dass man Menschen mit fast allem Angst machen kann, so absurd es auch sein mag. Sehr wenige Menschen werden in Deutschland vom Blitz getroffen. Könnte ich ein Gerät verkaufen, dass die Wahrscheinlichkeit vom Blitz getroffen zu werden um 30% senkt?  Wahrscheinlich ja.

Die Statistiker sind da weniger pragmatisch. Wenn die einen Effekt nachweisen wollen, dann wollen sie vor allem sicher sein, dass ein Effekt überhaupt existiert. Kleine Effekte sind eine Herausforderung und nicht uninteressant. Ob ein Effekt gesellschaftlich relevant ist - darum müssen sich andere kümmern.


Gibt es auch positive Effekte?
Kaum ein Ding auf diesem Planeten ist ausschließlich gut oder ausschließlich schlecht. Oft kann man  allerdings abschätzen, ob die positiven oder negativen Effekt überwiegen. Stößt man auf ein Ding, das "nur gut" oder "nur schlecht" ist, dann kann man eines mit Sicherheit folgern: es liegen nicht alle Fakten auf dem Tisch.

Es ist also zu erwarten, dass auch Rauchen positive Effekte hat. Diese mögen gegenüber den Risiken vernachlässigbar sein, aber uns wäre dennoch wohler, wenn wir überhaupt davon Kenntnis hätten.

Es wird beispielsweise behauptet, dass Raucher ein 30-60% geringeres Riskio haben an Parkinson zu erkranken. In Deutschland erkranken rund 1% der über 60jährigen an Parkinson. Ferner wird behauptet, dass Rauchen vor Alzheimer schützen soll. In Deutschland gibt es über eine Million Demezkranke.


Wie gefährlich ist Passivrauchen?
Hier ist die Faktenlage völlig unübersichtlich. Große Teile der Bevölkerung halten Passivrauchen für gefährlich, manche sogar für gefährlicher als Rauchen. Andere wiederum weisen darauf hin, dass die Gefährlichkeit von Passivrauchen keineswegs bewiesen ist. Die meisten davon glauben jedoch, dass die Gefahr den Rauchens sehr wohl real und bewiesen ist.

Diese Ungewissheit ist nicht erstaunlich: wenn man kaum weiß wieviele Menschen überhaupt rauchen, wieviel schwieriger muss es dann sein, den Anteil der Passivraucher abzuschätzen. Da helfen keine Verkaufszahlen der Tabakindustrie mehr, hier muss man Umfragen durchführen mit all den damit verbundenen Unabwägbarkeiten.

Das Thema Passivrauchen ist sehr komplex. Ich werde es in einer der nächsten Folgen genauer untersuchen.


Fazit
Aus den verfügbaren Zahlen lässt sich nur mit großer Mühe ein praxisrelevanter Schluss ziehen. Sicher ist eigentlich nur dass Rauchen keine gesundheitsfördernde Wirkung hat. Ohne rot zu werden kann man auch noch Folgendes vorbringen:
  • Der Einfluss des Rauchens auf die Lebenswartung ist weniger prägnant als man denken würde
  • Rauchen erhöht aber die Wahrscheinlichkeit an Lungenkrebs zu sterben, was keine schöne Todesart ist.
  • Deshalb raucht man besser nicht.
  • Das mit dem Passivrauchen schauen wir uns noch genauer an

.


- wird fortgesetzt -

Zahlen - Teil 1: Rationale Zahlen

Ein Physiker muss Experimente druchführen, um seine Thesen zu überprüfen. Eine letzte Gewissheit wird er aber niemals erlangen können. Mathematiker sind da besser dran. Zur Mathematik braucht man die reale Welt bestenfalls als Anschauungsmaterial, aber nicht um zwischen wahr und falsch zu unterscheiden.

Zählen

Große Teile der Mathematik lassen sich auf zwei Dinge zurückführen: Zählen und Logik. Zählen war schon eine tolle Erfindung. Man stelle sich vor, wie schwierig es wäre ein Tauschgeschäft durchzuführen, um z.B. Schafe gegen Ziegen zu tauschen, so dass man pro Schaf eine Ziege bekommt. Man müsste die Schafe und die Ziegen an einem Ort zusammenbringen und paarweise nebeneinander aufstellen. Nur so könnte man überhaupt feststellen, dass es gleichviel Schafe wie Ziegen sind.

Kann man aber Zählen, so ist die Sache viel einfacher. Man muss nur noch Zahlen austauschen und nicht mehr Schafe oder Ziegen. Das ist viel einfacher. Zum Zählen kann man Kerben in einen Stock schnitzen.


Oder besser: man erfindet Worte für jede Anzahl von Kerben und nennt die "eins", "zwei", "drei" ..., dann braucht man nichmalmehr einen Stock, sondern muss sich nur noch das Wort merken. Diese Worte, die man beim Zählen benutzt, nennt man "natürliche Zahlen".

Die Zahl "drei" ist die Zahl, die sich ergibt, wenn man zu "zwei" noch "eins" hinzutut. Wenn man weiß, was "eins" und "zwei" bedeutet, dann ist damit alles gesagt. Unweigerlich kommt man so zu der Frage woher kommt die Eins? Tatsächlich hat man sich aber um die Eins nie wirklich Sorgen gemacht. Heftig umstritten war dagegen die Null.

Man hat auch eine Art Kurzschrift erfunden, so dass wenn man eine Zahl aufschreiben möchte (damit man sie sich nicht merken muss) man nicht "zweiundvierzig" hinschreiben muss, sondern "42" schreiben kann.
Zahlen kann man übrigens weder sehen noch anfassen. Die Aussage, dass sich die Wissenschaft nur mit dem Sichtbaren befasst gehört daher in den Bereich der Mythen.

Zählen für Fortgeschrittene

Man stellt erstaunt fest, dass man Zahlen addieren kann und dass es dabei auf die Reihenfolge nicht ankommt. Zwei Schafe und drei Schafe zusammengenommen, und dann noch vier Schafe dazu - das ist Gleiche wie zwei Schafe und die Herde die sich ergibt wenn man zu drei Schafen noch viere hinzutut. Als Formel geschrieben erkennt man Assoziativgesetz.
(2 + 3) + 4 = 2 + (3 + 4)
Und dabei kommt es auf die konkreten Zahlen 2,3 und 4 nicht an, sondern das gilt immer.
(a + b) + c = a + (b + c)
Ferner stellt man fest, dass wo man etwas hinzu tun kann, man auch etwas wegnehmen kann. Was passiert, wenn ich von drei Ziegen drei wegnehme? Oha - es bleicht Nichts übrig, zumindest keine Ziegen. Die Vorstellung Nichts zu zählen war den Menschen lange unheimlich. Damit wollte man nichts  (sic!) zu tun haben. So hat man das "Jahr 0" sorgfältig vermieden, Das Jahr unmittelbar vor "1 n. Chr." ist das Jahr "1 v. Chr.". Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, wie leicht man auf die Null kommen kann und wie wenig Ärger diese Zahl macht. Nicht alles was auf den ersten Blick wie Teufelszeug aussieht ist auch Teufelszeug.

Auch beim Hinzufügen und Wegnehmen kommt es auf die Reihenfolge nicht an.
( a + b) - c = a + (b - c)
Mit konkreten Zahlen ergibt sich beispielsweise
(2 + 3)  - 4 = 2 + (3 - 4)
Das ist zweifellos war, aber was zum Teufel soll (3 - 4) sein. Das ist mit "Zählen" noch schwerer zu erklären wie die Null.

Die Lösung diese Problemchens ist bekannt: man hat die negativen Zahlen erfunden. Die sind zwar ein bischen schräg, weil nichts was man zählen kann jemals eine negative "Anzahl" haben kann, aber bei der Rechnerrei ist das ein furchtbar nützliches Konstrukt. Die Zahl "Minus eins" ist beispielweise die Zahl, zu der man 2 hinzutun kann und dann am Ende 1 herauskommt.

Auf den ersten Blick klingt das wenig überzeugend, aber bei genauerer Betrachtung muss man zugeben, dass eigentlich jedes Wort auf diese Art definiert ist. Man konstruiert ein neues Wort aus anderen Wörtern, deren Bedeutung man bereits kennt.

So geht es dann eine Weile weiter. Man entdeckt immer neue Zahlen "die es eigentlich geben müsste" und erfindet die kurzerhand. So entstehen die rationatioen Zahlen und die algebraischen Zahlen.

Kein Zweifel

So wie wir neue Zahlen erfinden, können wir sicher sein, dass sie etwas bedeuten. Schließlich können wir zu jeder Zahl eine Art Konstruktionsanleitung geben.  Im Gegensatz zu Physikern müssen wir hier keine Experimente durchführen. Wir wissen einfach worüber wir reden und wir können uns über viele Aspekte absolut sicher sein.

Rationale Zahlen

Rationale Zahlen kann man sich als "alle Brüche" vorstellen. Oder alternativ als "Zahlen mit Komma", wobei hinter dem Komma entweder nur endlich viele Ziffern kommen dürfen so wie in 37,51 oder hinter dem Komma irgendwann eine Zahlenfolge anfängt sich zu wiederholen. Hinter dem Komma stehen dann zwar unendlich viele Ziffern, aber man muss sie nicht alle angeben, weil man irgendwann quasi "usw." sagen kann.

Alle Strecken diese Welt

Mit den rationalen Zahlen  war man eine Weile ganz zufrieden. Man glaubte, das wären alle Zahlen, die man jemals brauchen würde. Die Länge jeder Strecke, die sich irgendwie konstruieren lässt, würde sich als rationale Zahl ausdrücken lassen.

Die Diagonale eines Quadrats mit der Kantenlänge 1 beträgt ungefähr 1.414.
Das ist zwar eine rationale Zahl, aber leider nicht der exakte Wert. 1,4142136 ist schon genauer, aber immer noch nicht exakt richtig. Geht man der Sache auf den Grund, so muss man feststellen, dass diese Zahl keine rationale Zahl  sein kann. Es stellt sich nämlich heraus, dass das Quadrat dieser Zahl gleich 2 sein muss. Man sucht eine Zahl d für die gilt
d * d = 2
Die Frage, ob es eine rationale Zahl gibt, deren Quadrat 2 ist, muss man leider verneinen. Keine rationale Zahl kann diese Eigenschaft haben.

Glücklicherweise kann man diese Zahl, die man "Wurzel aus zwei" getauft hat, näherungsweise beliebig genau berechnen. Man kann die ersten 7 Ziffern hinter dem Komma berechnen, oder die ersten 70 oder die ersten 700. Egal wie viele Ziffern man berechnet, das Ergebins ist immer eine rationale Zahl, denn man hat es stets  mit einer endlichen Anzahl von Nachkommastellen zu tun.

Man kann also eine Folge von Näherungswerten definieren, die der gesuchten "Wurzel aus zwei" immer näher kommt und wo jedes Folgenelement eine rationale Zahl ist, und das obwohl man weiß, dass die Zahl der die Folge entgegenstrebt keine rationale Zahl sein kann.

Das ist gut und schlecht zugleich, aber eigentlich mehr gut als schlecht. Wir haben nämlich jetzt einen Weg gefunden die ominöse "Wurzel aus Zwei" dingfest zu machen. Wir sagen einfach "es ist die Zahl der diese Folge immer näher kommt". Die Zahl selbst können wir nicht hinschreiben, auch nicht unter Zuhilfenahme von "usw.". Aber wir können eine Formel hinschreiben, mit der man jedes Glied dieser Folge ausrechnen kann.

Zahlen zählen

Gibt es eigentlich mehr rationale Zahlen als ntürliche Zahlen? Also die Zahlen 1,2,3,4,usw und die Zahlen 1, 2/1, 1/2, 3/1, 2/2, 1/4 usw, sind das gleich viele? Normalerweise würde man die Dinger einfach zählen,  aber da es unendlich viele sind führt uns das nicht weiter. Da erinnern wir uns, warum wir mit dem Zählen überhaupt angefangen haben: wir wollten nicht die Schafe neben die Ziegen stellen müssen.

Aber diese alte Verfahren kommt uns jetzt zuhilfe: wenn ich natürliche und rationale Zahlen nebeineinander aufreihen kann, so dass keine Zahl übrig bleibt, dann müssen es gleich viele sein. Wenn das nicht möglich ist und von der rationalen Zahlen immer welche über bleiben, dann gibt es mehr rationale Zahlen als natürliche Zahlen.

Nun kann man aus rationalen Zahlen und natürlichen Zahlen tatsächlich lauter Pärchen bilden, ohne dass eine Zahl übrig bleibt. Dazu schreibt man alle rationalen Zahlen in folgendem Schema auf

Dann folgt man den Pfeilen und sagt: 1/1 ist die erste rationale Zahl, 1/2 ist die zweite usw. Jede rationale Zahl wird irgendwann erreicht und bekommt ihre Nummer. So findet sich für jede rationale Zahl eine natürliche Zahl (und umgekehrt). Wir müssen einsehen, dass es nicht mehr rationale Zahlen als natürliche Zahlen geben kann.

Man nennt diese Eigenschaft der rationalen Zahlen abzählbar. Abzählbar heiß nicht, dass ich etwas zählen kann, so dass ich am Ende weiß es sind soundsoviele. Es heißt, dass ich etwas in eine Reihenfolge bringen kann, quasi alle Elemente in eine Kette bringen kann. Ich kann dann sagen: das ist das erste und jenes ist das zweite Element usw. Wenn das nicht gehen sollte (was kaum vorstellbar ist), dann redet man von einer überabzählbaren Menge.

- wird fortgesetzt -